Viele, die auf Durchreise in Neuseeland sind, sind auch auf der Suche, manche auf Abstand, manche auf der Flucht, oder auch einfach zwischen Lebensabschnitten. Alle tragen ihre ganz eigene Geschichte mit sich umher.
Sarah besuchte mich im Sommer in meinem Beachhouse. Selten habe ich Menschen erlebt, die das Leben so umarmen und offen sind für alles, was kommt. Weltbejahend.
Bei ihrer Rückkehr am Flughafen Frankfurt postete sie folgende Zeilen, die mich sofort mitrissen. Netterweise erlaubte sie mir, sie mit euch zu teilen.
„I don’t travel to escape life, but for life not to escape me“
Nach neun Wochen auf Reisen stehe ich wieder am Flughafen Frankfurt. Hier ist es eigentlich wie immer. Nur ich bin nicht wie immer.
Neben Seeigelstacheln und Moskitostichen in der Haut, schmutziger Wäsche, leerem Geldbeutel und exotischen Früchten, bringe ich prägende Erfahrungen, viel Lebensfreude und eine riesige Portion Dankbarkeit mit.
Es ist ein Joker, in Deutschland geboren zu sein.
Zum Beispiel bin ich wieder einmal dankbar für den Joker, den das Leben mir gegeben hat, indem ich in Deutschland zur Welt kommen durfte. Von sauberem Wasser über eine Krankenversicherung bis hin zu einem enormen Bildungsangebot haben wir so viele Privilegien!
Lasst uns das nicht vergessen. Abgesehen von den (über-)erfüllten Grundbedürfnissen schätze ich persönlich die vier Jahreszeiten mit wechselhaftem Klima und die wahnsinnige Möglichkeit, in wenigen, aber bezahlbaren Fahr- oder Flugstunden in einem anderen Land mit anderer Kultur, Sprache, Essen und Landschaft zu sein. Zieht euch das mal rein! Das hat kaum ein anderes Land auf der Welt so wie wir.
Also … Was machst du mit deinem Joker des Lebens? Schön brav deutsch sparen, den Joker auf der Hand halten bis… ja bis was? Oder setzt du ihn ein für etwas wofür dein Herz schlägt? Du hast vergessen, was das ist? Dann find es raus!
Luxus – was ist das schon?
Neun Wochen in Flip-Flops und Wanderschuhen haben mir einmal mehr gezeigt, wie wenig wir wirklich zum Leben brauchen und vor allem wie wenig „Haben“ zum Glück beiträgt. Wir leben in absoluter Fülle, Leute, wirklich. Natürlich habe ich mir auch gegönnt, was man allgemein unter Luxus versteht.
Aber was ist eigentlich Luxus in unserer heutigen Zeit? Für viele von uns ist Zeit Luxus geworden. Wir beklagen uns, weil sie uns davonzurennen scheint. Klar, anhalten können wir sie nicht. Aber wir können jeden Tag neu wählen, womit wir sie füllen. Und ja wir haben Verpflichtungen. Aber wir sind nicht nur fremdbestimmt durch Chef, Familie, die DB oder den Bankkredit.
Wir können das Ruder selbst in die Hand nehmen. Vielleicht ist das zunächst unbequem. Vielleicht muss dafür einiges umgekrempelt werden. Aber echte Zufriedenheit und Wachstum spielen sich einfach nicht in der Komfortzone ab! Also, wovor hast du Angst?
Den größten Luxus, Freiheit und echte Lebensfreude haben mir die Momente gegeben, die nichts gekostet haben. Momente, in denen mein Handy tagelang aus war. So viel Zeit geht verloren, indem wir auf diese Dinger starren. Und was finden wir darin? Follower, die uns liken??? Hallo? Follower, die uns liken …
Zieh dir das mal rein! Klar, es ist menschlich und verständlich, dass man gefallen und dazugehören will. Aber ist das der geeignete Weg? Bitte… Folge dir erst mal selbst, dann bist du auf keinen einzigen Follower dieser Welt angewiesen.
Weniger Know-how, mehr Know-why.
Einmal mehr habe ich mit all den technologischen „Fortschritten“ unserer Zeit und unseres Landes gehadert. Für mich sind es in vielerlei Hinsicht Rückschritte. Klar, das Internet „verbindet“ uns mit vielen Menschen und allem Wissen der Welt. Eine wirklich feine Sache.
Aber wir müssen wirklich vorsichtig sein, sonst trennt es uns … voneinander, von uns selbst und vom wahren Wissen, dem Wissen, dass schon sooo vieles in uns steckt. Daran kommen wir am besten, indem wir wieder „unlearnen“. Verlernen und Platz machen, um sich zu erinnern an das, was man eigentlich selbst am besten kann. Dazu sind wir gefragt uns zu „ent-wickeln“ …
Oft geht es darum sich sehr schnell mit Wissen „von außen“ zu befüllen, um eine Aufgabe zu lösen. Das können wir, haben wir jahrelang geübt … Aber unsere Gesellschaft braucht auch noch etwas anderes … DICH.
Dich als Mensch, als etwas Einzig-artiges. Es gibt doch schon alles. Auf nahezu jede Frage gibt es schon eine Antwort …, bis auf manche Fragen. Fragen, bei denen weder Abi, Master noch Wikipedia helfen können. Fragen, bei denen es nicht um unser Know-how geht. Fragen, die unser persönliches Know-why betreffen. Also, frag dich … Why???
…
Tja … die wichtigsten Fragen des Lebens kann man eben nicht googeln.
…
Frag dich doch mal: Was würdest du tun, wenn du noch eine Woche / ein Jahr zu leben hättest? Warum verschiebst du deine Träume auf’s Wochenende, den Urlaub und die Rente? Auf „wenn x …“ folgt selten Glück und Zufriedenheit. „Wenn“ ist jetzt und „wenn“ ist alles, was wir brauchen, um glücklich zu sein.
!!! Wir leben, als wären wir unendlich, und beklagen uns gleichzeitig darüber keine Zeit zu haben? Was für’n Quatsch!
Und noch was: Was ist Freiheit für dich? Meine Erfahrung zeigt mir … Freiheit ist, wie so vieles andere auch, ein „inside job“. Job kündigen, Zelte abbrechen und alleine ans andere Ende der Welt fliegen hört sich schon ziemlich nach Freiheit an. Aber die tollsten äußeren Bedingungen und das Paradies auf Erden ändern nichts, wenn nicht wichtige gedankliche und emotionale Schalter umgelegt werden.
Ist das Arbeit? Ja. Ist das unbequem? Ja. Lohnt sich das? Jaaaa!!! Es ist doch (eigentlich) so einfach … Energy flows where attention goes. Also, mal dir dein schönstes, buntestes Leben selbst, pflanze positive Bilder in dein Hirn und sei dankbar für alles, was schon da ist.
Reisen bringt eine vage Idee anderer Kulturen.
Was bringe ich noch mit? Eine große Ehrfurcht vor der Komplexität der Kulturen auf dieser Welt. Meine Reise hat nicht wahrhaft dazu geführt eine andere Kultur so richtig zu verstehen. Weder Fangenspielen mit zuckersüßen verarmten kambodschanischen Kindern noch Gespräche mit Einheimischen aus verschiedenen Ländern, lassen mich wirklich wirklich verstehen …
Was ich mitnehme, ist viel Inspiration und eine Idee anderer Kulturen. Vielmehr musste ich mir eingestehen, wie deutsch auch ich in vielem bin und wie tief unsere Wahrnehmungs-, Denk- und Glaubensmuster sitzen. So sehr der klassische deutsche Nörgel- und Kontrolltouri nervt … erst mal vor der eigenen Tür kehren. Viel Respekt habe ich vor all den Menschen, denen das Leben keinen Joker gegeben hat und die sich fernab ihrer Heimat eine Existenz aufbauen.
Beim Reisen vergessen wir bei so viel To-do oft To-be.
Ein paar letzte Gedanken zum Reisen … Reisen ist seit meiner Jugend mein größtes Hobby … inklusive Suchtcharakter. Es gibt mir in jeder Situation und Lebensphase das, was ich brauche. Von Erholung, Abstand, Abenteuer, Verausgabung, Bildung, Inspiration bis persönlicher Entwicklung.
Entscheidend ist meist das, was zwischen der Besichtigung des schönsten, größten, artenreichsten, ältesten Sees, Bergs, Tempels etc. des Landes, Kontinents oder gar der Welt passiert.
Es wird immer weniger entscheidend, was ich gesehen habe, sondern was all das mit mir macht. Die schönsten Momente der letzten Wochen waren immer die ungeplanten und spontanen. Ich durfte mich erinnern und üben: Leben ist nicht das, was man plant und komplett selbst steuert, sondern das, was passiert, wenn man sich auch mal treiben lässt.
Akzeptiere, was gerade ist und akzeptiere, was gerade nicht ist. Leben ist mehr als die Vorstellung und die Erwartung, die man sich selbst davon macht. Das Reisen ist ein schöner Spiegel des Lebens. Also beobachte und überprüfe: Gehe ich mit dem Flow oder halte ich an meiner „Story“ fest? An dem, wie ich will, dass x und y und z doch gefälligst zu laufen haben?
Viele Reisende unterhalten sich darüber, ob man auch die Südküste, Bungee-Jumping oder noch kurz Australien „macht“? Check-check, noch schnell Australien „machen“ …
Ich denke, es geht weniger um die Must-dos und Must-sees dieser Welt. An denen habe ich mich viele Jahre abgearbeitet und es nimmt einfach nie ein Ende. Spätestens die Kirchen in Rom haben mir vor einigen Jahren den Rest gegeben. Schluss mit Check-check, es ist das weltweite Fass ohne Boden. Viel zu oft und so deutsch planen, recherchieren und tun wir sooo viel, von einem zum nächsten „To Do“. Ich bin darin Expertin. Dabei vergessen wir immer wieder das worum es eigentlich geht: Das „To BE“!
Also …
Womit willst du die ca. 29.000 Tage deines Lebens wirklich wirklich verbringen? Wodurch drückst du deine Kreativität, wodurch drückst du dich aus? Was willst du hinterlassen auf der Welt? Wann bist du so „erwachsen“ geworden, hast aufgehört sorgenfrei barfuß zu laufen, zu träumen, zu spielen und zu tanzen, als würde niemand zuschauen? Wann hast du dich das letzte Mal treiben lassen?
Wann fängst du an zu leben, als wäre deine einzige Aufgabe hier glücklich zu sein?
Danke, Sarah, für diesen lebensfrohen und ansteckenden Beitrag!